Ausgerechnet das Münchner Siegestor – ein prachtvoller Triumphbogen an der viel befahrenen Ludwigstraße, mit der Bavaria auf ihrer Löwen-Quadriga, der graziös über die Landeshauptstadt wachenden Patronin Bayerns. Ausgerechnet diesen Blickfang im Herzen Münchens hat sich der unter vielen erzkonservativen Bayern verhasste Kanzlerkandidat der Grünen, Robert Habeck, ausgesucht, um sein Konterfei mit dem Slogan “Bündniskanzler. Ein Mensch. Ein Wort.“ auf die historische Fassade projizieren zu lassen. Eine ausdrückliche Provokation an Markus Söder, den bayerischen CSU-Ministerpräsidenten. Nun führt den Norddeutschen die Wahlkampftour nach Bayern: Heute bestreitet Habeck einige Veranstaltungen in München, am Sonntag geht es nach Nürnberg, in Söders Heimatstadt. Robert Habeck, Kanzlerkandidat der Grünen. Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg Die Münchener Wahlkampf-Aktion war nur ein Höhepunkt eines sich seit Monaten zuspitzenden Fernduells zwischen dem grünen Wirtschaftsminister und dem Vorsitzenden der CDU-Schwesterpartei CSU, die gemeinsam auf dem besten Weg sind, nach den Wahlen am 23. Februar den nächsten Kanzler zu stellen. In den Wochen vor dieser “piratigen“ Aktion, wie sie Habeck später schmunzelnd bezeichnete (wohl auch, weil sie ohne Genehmigung stattfand und gegen das Gesetz verstieß), richteten sich die beiden Spitzenpolitiker gegenseitig Unfreundlichkeiten aus. Söder attestierte dem Vizekanzler “Inkompetenz“ in Wirtschaftsfragen und sprach sich gegen eine Koalition mit den Grünen aus, während Habeck dem bayerischen Landesfürsten “Maulheldentum“ vorwarf und Sabotage an seinen eigenen Leuten: Söder würde damit die Position des CDU-Spitzenkandidaten Friedrich Merz in den Koalitionsverhandlungen schwächen. Mit Blick nach Österreich und in Anbetracht der starken AfD sei es “gefährlich“, die Zusammenarbeit mit Parteien des demokratischen Spektrums im Voraus auszuschließen. Was Habeck nicht erwähnte: dass er selbst gezielt um bürgerliche Wähler wirbt, die sich von Merz nicht repräsentiert und in die Neunzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts zurückversetzt fühlen. Darunter vor allem Frauen, junge Menschen und liberale Konservative – der Grüne zielt auf frühere Merkel-Sympathisanten ab. Mit einem Video vom Küchentisch aus hat er seinen Wahlkampf gestartet und verkauft sich als modern, empathisch, praxisorientiert – als Kandidat der ausgleichenden Mitte, der jeglichem ökologischen Aggro-Aktionismus abgeschworen und sich aufgemacht hat, das Land zu versöhnen. An diesem Wochenende nun wird er seine neu entdeckte Feinfühligkeit beweisen können – sozusagen in der Höhle des Löwen. Lesen Sie auch eine Auswahl unserer Artikel dieser Woche: |